Über mich

Eine von vielen – Babyboomerin aus dem geburtenstärksten Jahrgang 1964. Am Esstisch saßen zudem zwei ältere Geschwister, bei der Einschulung waren wir fast 40 in der Klasse. Gespielt wurde draußen, wir waren mit Rollschuhen oder dem Fahrrad unterwegs. Zuhause mussten wir erst wieder sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Es gab drei Fernsehprogramme und eines der ersten bewusst erlebten Fernsehereignisse in Farbe waren die Olympischen Spiele 1972.

Unbekümmert und unter der gewährten Freiheit unserer Eltern wuchsen wir auf – wir waren ja nicht alleine, von uns gab es viele. Die Schlange am Dreimeterbrett war lang und nicht nur am Kiosk hieß es warten. Die Klassengröße tendierte selbst am Gymnasium noch zu 40. Später waren für uns alle Studiengänge mit einem Numerus Clausus belegt, wer Medizin studieren wollte, brauchte die Abi-Note 1,0. Wir mussten uns noch nicht in der 11. Klasse für eine Berufslaufbahn entscheiden, unser Studienabschluss hieß noch Diplom und bevor wir eine richtige Stelle fanden, sammelten wir Erfahrungen in schlecht bezahlten Praktika.

Schließlich im Beruf waren wir froh, uns nicht die Schürze unserer Mütter umbinden zu müssen. Nur eine aus meinem Abiturjahrgang hat eigene Kinder – wir jungen Frauen hatten andere Ziele. Mit dem Rucksack durch Ostasien oder gleich eine Weltreise. Heiraten war viel zu bürgerlich und arbeiten wollten wir, um auf eigenen Füßen zu stehen. Erst nach 18 Jahren in fester Beziehung entdeckte ich, dass es doch ganz schön ist, „mein Mann“ sagen zu können und für den damals als spießig geltenden Tanzkurs ist es vielleicht auch noch nicht zu spät.

Zwischendrin ersetzte ich das Rauchen durch exzessives Laufen und aus vorsichtig anvisierten 10 km wurde irgendwann der Ultra-Marathon – 73 km auf dem Rennsteig im zwischenzeitlich neuen Bundesland Thüringen. Bergsteigen wollte ich lernen, ohne zu ahnen, dass der Eispickel und die Steigeisen unbedingt dazu gehören. Und auf das erste große Bergabenteuer, der Piz Palü-Überschreitung, folgten viele traumhafte Bergtouren auf der ganzen Welt. Die schönsten Reisen waren die entbehrungsreichsten. Keine Dusche fühlt sich besser an, als die nach drei Wochen Zelttrekking im Himalaya. Den Heiratsantrag stellte ich erfolgreich auf 6200 Meter Höhe – bald erwidert auf dem Piz Bernina nach dem Bianco Grat. Und nach vielen Kilometern auf Europas Straßen im Diesel habe ich das entschleunigte Reisen im E-Auto für mich entdeckt.

Glücklich, gesettelt, das eigene Heim mit viel Eigenarbeit eingerichtet, vergaß ich vor lauter Engagement im Beruf fast nach mir selbst zu schauen. Nun bin ich neugierig und prüfe gelassen, was mir das Leben noch zu bieten hat.